Friedensnobelpreisträger statt Feldmarschall

Veröffentlicht am 18.01.2013 in Presseecho

Gäuboteartikel vom 18.01.2013 von Dietmar Denner Herrenberg: Hindenburgstraße soll nach dem Willen der SPD künftig den Namen Willy Brandts tragen Die Hindenburgstraße hieß früher (siehe Postkarte) Gartenstraße: Auf Wunsch der SPD soll sie künftig den Namen Willy Brandts und nicht mehr des früheren Reichspräsidenten tragen

Einst hieß sie Gartenstraße, seit 1933 ist sie nach dem damaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg benannt. Bis heute. Das will die SPD-Fraktion im Herrenberger Gemeinderat nun ändern. Statt nach einer "eindeutig negativen Persönlichkeit" zu heißen, soll das innerstädtische Teilstück der B 28 den Namen von Willy Brandt erhalten, der dieses Jahr seinen 100. Geburtstag hätte feiern können. "Hindenburg ist in der deutschen Geschichte eine nicht nur umstrittene, sondern eindeutig negative Persönlichkeit, die nicht durch die Benennung einer Straße gewürdigt werden sollte", heißt es hierzu in einem Antrag von SPD-Fraktionschef Bodo Philipsen, den er an Oberbürgermeister Thomas Sprißler als Vorsitzenden des Gemeinderats richtete. So sei es höchste Zeit, "dass wir auch in Herrenberg diesem Sachverhalt Rechnung tragen und nicht weiter die Legendenbildung um Hindenburg fördern". Auf jeden Fall sollte die Stadt "nicht denjenigen ehren, der das größte Verbrechen in der deutschen Geschichte möglich gemacht hat" - laut Philipsen, in dem er Hitler zum Kanzler ernannt und damit das nationalsozialistische Regime etabliert hat. In seinem Antrag geht Philipsen ausführlich auf Hindenburgs Rolle in der deutschen Geschichte ein, charakterisiert ihn als "Mann des Militärs", der als Kandidat der antidemokratischen rechten Parteien die Präsidentenwahlen 1925 gewonnen habe und um den in den folgenden Jahren ein Personenkult begründet worden sei. Hindenburg sei "ein typischer Repräsentant" der "alten konservativen Eliten" gewesen, die im 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert "Demokratie behindert und bekämpft" und sich letztlich sogar mit Hitler eingelassen hätten, um ihre alte Vormachtstellung zu bewahren. Philipsen kritisiert vor allem Hindenburgs Nähe zu den Nationalsozialisten und dessen Sympathie für ihre Ideologie. Philipsen erinnert in seinem Antrag daran, dass alle Straßen, die 1933 in Herrenberg im Rahmen der Machtübergabe an Hitler umgetauft worden seien, gleich nach 1945 wieder andere Namen erhalten hätten. "Nur die Hindenburgstraße wurde nicht wieder die Gartenstraße. Wir haben es also bei dieser Namensnennung noch mit einer Altlast des Gleichschaltungsprozesses zu tun, die längst wieder abgeschafft gehört", so der SPD-Fraktionschef. "Altlast beseitigen" Diese Altlast soll nun beseitigt werden. Philipsen schlägt vor, das rund 400 Meter lange Teilstück zwischen dem Reinhold-Schick-Platz und dem Hasenplatz nach dem früheren Bundeskanzler, SPD-Vorsitzenden und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt zu benennen, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt. Willy Brandt (1913 - 1992) sei einer der größten Politiker der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Für seine Aussöhnungspolitik mit dem Osten habe er 1971 den Friedensnobelpreis erhalten. "Als Opfer des Nationalsozialismus, der vor der Diktatur ins Exil fliehen musste, hat er sich als Deutscher zu den Verbrechen des Nationalsozialismus bekannt und sich dafür gegenüber den Opfern entschuldigt", begründet Philipsen seinen Vorschlag. Brandts Politik des "Wandels durch Annäherung" habe die friedliche Revolution in der DDR mit ermöglicht und damit die Einheit Deutschlands: "Er vertrat immer entschlossen die Wiedervereinigung Deutschlands." Nach seinem Rücktritt habe Brandt große internationale Anerkennung durch seine fast 20-jährige Präsidentschaft der "Sozialistischen Internationale" und vor allem durch den Vorsitz der "Nord-Süd-Kommission" und den dort 1980 verabschiedeten Nord-Süd-Bericht erhalten. Die Stadtverwaltung wird Philipsens Antrag bereits in der nächsten Sitzung einbringen und anschließend eine Beratungsunterlage erarbeiten, sagte gestern Rathaus-Pressesprecher Herbert Walter. Eine inhaltliche Wertung wollte die Stadtverwaltung deshalb noch nicht abgeben. Der Antrag Bodo Philipsens ist der zweite Vorstoß im Herrenberger Gemeinderat, den Namen Hindenburg von den Straßenschildern zu entfernen. Bereits 1997 schlug der damalige Grünen-Fraktionschef Thilo Blum vor, dass die Wohn- und Geschäftsstraße künftig nach der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner heißen soll. Gleichzeitig machte er sich dafür stark, den ehemaligen Reichspräsidenten und Generalfeldmarschall von der Liste der Herrenberger Ehrenbürger zu streichen. Hindenburg wurde 1946 anders als Adolf Hitler oder dem NSDAP-Gauleiter und württembergischen Reichsstatthalter Wilhelm Murr die Ehrenbürgerwürde nicht aberkannt. Allerdings erlischt laut Herbert Walter die Ehrenbürgerschaft einer Person ohnehin automatisch mit deren Tod. Unterstützung erhielten die Grünen seinerzeit nur von der SPD und Teilen der Frauenliste. CDU und UBL, die heutigen Freien Wähler, lehnten einen Namenswechsel ab. Unter anderem hieß es, die Ausführungen Blums zu dem Thema - im Tenor identisch mit der aktuellen Antragsbegründung Philipsens - sei "einseitig" und "stark von pazifistischem Denken geprägt". Und die Stadtverwaltung wollte sich "nicht anmaßen", die Rolle Hindenburgs "abschließend zu beurteilen".

 

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