Haushaltsrede 2021

Veröffentlicht am 20.03.2021 in Gemeinderatsfraktion

Haushaltsrede 2021 der SPD-Fraktion (Bodo Philipsen)

Wir können unsere laufenden Ausgaben nicht mehr finanzieren und unsere Verschuldung steigt in 5 Jahren von 2,5 Millionen auf 43 Millionen an. Und das trotz gerade beschlossener Ausgabekürzungen und Steuer- und Gebührenerhöhungen. Wahrlich alarmierende Zahlen sind das, die uns die Verwaltung präsentiert. Gleichzeitig sollen die Investitionen in den nächsten Jahren auf Rekordhöhen anwachsen.

Und dennoch werden wir Sozialdemokraten dem vorgeschlagenen Haushalt 2021 zustimmen. Warum?

  1. Mit der Pandemie sind überall auf der Welt die öffentlichen Haushalte eingebrochen. Eine vorher gesunde Entwicklung in Herrenberg ist nun jäh in ihr Gegenteil verkehrt worden, ohne unser Zutun. Es bleibt zu hoffen, dass uns auch 2021 staatliche Hilfen wieder stützen, wenn auch sicherlich nicht in gleichem Umfang wie 2020.

  2. Alle Wirtschaftsprognosen sagen, dass mit der Bewältigung der Pandemie ein wirtschaftlicher Aufschwung verbunden sein wird. Wenn es uns also gelingt, die Pandemie zu besiegen, dann werden auch unsere Einnahmen rasch wieder steigen.

  3. Wenn wir jetzt als Kommune prozyklisch der Krise hinterhersparen würden, würden wir die wirtschaftliche Krise nur verschärfen. 2/3 aller öffentliche Investitionen erfolgen durch die Kommunen. Deswegen haben sie gerade in der Krise eine Verantwortung, Unternehmen wieder Aufträge zu erteilen und damit Arbeitsplätze zu sichern.

  4. Herrenberg steht vor Herausforderungen historischer Dimension:

  • Mit dem Klimafahrplan müssen wir verhindern, dass wir in Katastrophen hineinrutschen mit denen verglichen Covid 19 eine Kleinigkeit ist. Die Folgen einer Klimakatastrophe sind nicht mehr bezahlbar, die Vorbeugung birgt aber große Chancen nachhaltige Wertschöpfung vor Ort zu sichern. Je früher wir damit anfangen desto preisgünstiger wird es sein.

  • Mit ca. 180 Mio. Sanierungsstau in den Schulen schleppen wir seit Jahren ein Problem vor uns her, dass im Sinne guter und gerechter Bildung endlich entschlossen angegangen werden muss. Wenn unsere Schulen auf einen guten Stand gebracht werden sollen, müssen wir den Mut haben, deutlich mehr als die 3 Mio. pro Jahr wie bisher dafür auszugeben. Auch der Ausbau der Kinderbetreuung kann als gesetzliche Verpflichtung nicht zur Debatte stehen, sehr wohl aber, dass der Staat uns Kommunen mehr unterstützen muss, wenn wir diese Bildungsaufgaben stemmen sollen.

  • Auch der Mangel an Wohnraum zwingt uns als öffentliche Hand in den Markt einzugreifen. Wohnen ist ein Menschenrecht. Wenn wir der Erzieherin und dem Polizisten, dem Facharbeiter und der Pflegerin keine bezahlbare Wohnung mehr bieten können, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir diese Arbeitsplätze in Herrenberg nicht mehr besetzen können.

  • Herrenberg ist als Stadt in seiner Entwicklung hinter regionalen Konkurrenten zurückgefallen, die Altstadt verliert immer mehr an Leben. Mit zahlreichen Projekten der Innenstadtentwicklung sind wir auf einem guten Weg, Boden wieder gut zu machen. Diesen Weg jetzt abzubrechen, würde alle bisherigen Erfolge wieder auf das Spiel setzen. Mal abgesehen davon, dass damit auch Arbeitsplätze geschaffen und Steuereinnahmen erzielt werden.

Die Verwaltung setzt also mit ihren geplanten Investitionen die richtigen Signale. Für viele dieser Projekte werden wir auch größere Fördersummen von Bund und Land erhalten, die diese Investitionen erst möglich machen. Das war in der Vergangenheit schon so, wird aber immer stärker. So verständlich es ist, dass staatliche Ebenen mit ihren Förderprogrammen ihre politischen Ziele durchsetzen wollen, so ist doch die kommunale Selbstverwaltung dadurch immer mehr bedroht. Besser wäre es, wenn die Kommunen strukturell durch eine erhöhte Beteiligung am Steueraufkommen besser ausgestattet würden und die Freiräume der Entscheidung ihnen blieben.

So richtig also der Weg der Investitionen ist, so richtig ist auch, dass wir uns damit auf dünnes Eis begeben. Insbesondere der Ergebnishaushalt muss mittelfristig auf stabilere Beine gestellt werden. Kleine kosmetische Einsparungen werden da nicht mehr weiterhelfen. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, dass wir über Strukturen nachdenken müssen, was die Verwaltung auch bereits zugesagt hat. Einige Stichworte: Können wir uns die aufwändige Teilortstruktur in der aktuellen Form weiter leisten, sind die zahlreichen Gutachten und externe Vergaben wirklich immer erforderlich, gäbe es nicht zahlreiche Bereiche, wo Gemeinden miteinander kooperieren und Synergien nutzen könnten, könnten wir nicht privates Kapital bsp. für einen Klimafonds nutzen, sollten wir nicht eine kommunale Baugesellschaft gründen, um Mietzuschüsse bei der Stadt zu behalten, tun wir wirklich schon alles, um Herrenberg als attraktiven Standort für Gewerbe zu vermarkten? Bei der Vermarktung des BayWa-Areals dürfen wir nicht die Nerven verlieren. An dieser Stelle müssen vorrangig Arbeitsplätze entstehen und nicht Wohnungen.

Was wir sicherlich nicht können, ist die Gebühren- und Steuerschraube stets weiterzudrehen. Nicht nur die Stadt, sondern auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sind Opfer dieser Pandemie und dürfen nicht weiter belastet werden. Einkommensgestaffelte Gebühren bsp. bei der Kinderbetreuung könnten hier einen gerechteren Ausgleich schaffen. Corona kennt eben nicht nur Verlierer, sondern auch strahlende Gewinner. Wir denken an die Kulturschaffenden in Herrenberg, die so heftig unter dem Lockdown zu leiden haben. Wir müssen gemeinsam einen Weg finden, ihnen wieder auf die Beine zu helfen, denn die Kultur ist der Kit in unserer zunehmend auseinanderbröckelnden Gesellschaft. Und was können wir für den Einzelhandel tun, der schon vor der Pandemie große Probleme hatte? Durch aktives Immobilienmanagement, durch eine deutlich entschlackte Altstadtsatzung oder durch den Fruchtkasten als neuen Magneten könnten wir den Einzelhändlern unter die Arme greifen

Die bei weitem höchsten Ausgaben im Ergebnishaushalt sind die Personalausgaben. Auch wenn es populär ist, hier zu sparen, wäre fahrlässig. Schon heute können wir viele Stellen nicht mehr qualifiziert besetzen, weil die Tariflöhne im öffentlichen Dienst nicht mehr wettbewerbsfähig sind, Schon heute arbeiten weite Teile der Verwaltung über die Belastungsgrenzen hinweg und produzieren Überstunden, die nicht mehr abzubauen sind. Wenn die Stimmung kippt, dann sinkt auch die Effektivität der Arbeit, was wir als Letztes gebrauchen können. Richtig ist, dass wir bei jeder neuen Stelle genau prüfen müssen, ob wir sie wirklich benötigen, bei allen befristeten, ob wir sie noch weiter brauchen.

Noch hat auch die Budgetierung noch nicht die Wirkung erzielt, die man sich versprochen hatte. Durch größere Eigenverantwortung und Benchmarking sollten die einzelnen Ämter ihre Arbeitsweise nicht nur transparenter machen, sondern auch möglichst ständig optimieren. Darüber reden wir zu wenig.

Wir Sozialdemokraten sind auch gespannt auf die Anregungen aus der Bürgerschaft. Mitmachstadt darf nicht nur heißen, Wünsche zu äußern, sondern muss auch bedeuten, dass in Krisenzeiten Mitverantwortung übernommen wird.

Diesem Haushalt zuzustimmen kann niemandem leichtfallen. Wir werden als Sozialdemokraten aber die Verantwortung mittragen, die die Verwaltung bereit ist auf sich zu nehmen. Nur gemeinsam werden wir diese Krise überwinden können.

Bodo Philipsen


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