Lokalpolitische Kolumne des Gäuboten vom 28.03.2015

Das Leitbild Herrenberg 2020 sieht im Handlungsfeld Soziales unter anderem die Aktualisierung und Fortschreibung des Seniorenberichtes sowie den Ausbau der ambulanten und stationären Betreuungs-und Pflegeangebote vor. In Umsetzung des Kreispflegeplanes könnte eine Grundsatzdiskussion über die Pflegestruktur in Herrenberg die Fortschreibung unseres Seniorenberichtes sehr erleichtern. Vor allem könnten Ziele, Aufgaben und Bedürfnisse für unsere Einwohner besser abgesteckt werden. Bevor neu gebaut und alles abgehakt wird, könnten wir klären, wie wir die vom Gesetzgeber geforderte örtliche Trägervielfalt der Pflegeeinrichtungen umsetzen, um eine konfessionelle Monostruktur und Monopolisierung zu vermeiden.

Wir könnten uns auch Gedanken machen, wie wir für betroffene Herrenberger Bürger ein modernes Angebot mit ausreichender Wahlmöglichkeit bieten. Klar ist auch, dass wir dies nicht schaffen, wenn wir nur noch konfessionelle Tendenzeinrichtungen zulassen und Monopolstellungen der Anbieter nicht entgegenwirken. Herrenberg als bürgerliche Gemeinde muss sich bemühen, die gesetzlich geforderte Vielfalt der Angebote für alle Einwohner zu gewährleisten. Leider ist ein solches Bemühen bisher nicht zu beobachten und auch nicht die Zeit, dies zu prüfen, zu planen und in Sorgfalt umzusetzen. Diese Ruhe und Sorgfalt könnte auch neue Wohn- und Pflegeformen aufzeigen, weiterentwickeln und Betroffene stärker beteiligen; auch bei Standortfragen. Da dies unter Zeitdruck alles nicht geht, verhindern wir die sonst immer geforderte Vielfalt des Pflegeangebots und den gebotenen Wettbewerb unterschiedlicher Einrichtungen. Ohne Trägervielfalt bekommt Herrenberg keine Angebotsvielfalt und nur eine sehr verengte Wahlmöglichkeit für alle Betroffenen. Die Wirtschaftlichkeit der Angebote auf dem Herrenberger „Markt“ wird zukünftig dem entsprechen. Ohne Zeitdruck könnten wir gründlicher über dringend benötigte Angebote für Demenzkranke nachdenken. Eile produziert hier nur alte Lösungen und kein modernes Pflegekonzept für unsere Stadt. Dabei sind ältere Menschen ein wichtiger Teil in unserer Stadt und wollen möglichst lange  Eigenständig in vertrauter Umgebung leben. Dazu die Infrastruktur in unserer Stadt zu verändern wäre sehr nötig und lohnend; die Stadt müsste hierbei ihre zentrale Rolle wahrnehmen. Die Rahmendaten sind bei uns wie überall: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, die Zahl hochalter, dementer Menschen nimmt stark zu und Menschen wollen dort alt und gepflegt werden, wo sie gelebt haben und leben wollen. Die hierfür erforderlichen Leistungen unter Berücksichtigung der Trägervielfalt zur Verfügung zu stellen, entspricht den Bedürfnissen der Menschen auch in unserem Raum. „Das Alter ist bunt und erfordert eine Vielfalt in der Altenpflege“ gilt auch bei uns und   entspricht der Fülle und Vielfältigkeit dieser Altersgruppe. Leider gibt es aktuell noch keine „echte“ Angebotsvielfalt und Auswahlmöglichkeit in Herrenberg und soll es künftig wohl auch nicht geben. Schade, denn ältere Menschen haben nicht weniger unterschiedliche Bedürfnisse als jüngere. Deswegen wünschen sie gerade im Bereich Wohnen und Pflege eine breite Auswahl, keine konfessionelle Monopollösung. Sie wollen in dieser Buntheit lieber ambulant als stationär und eher in kleineren statt größeren Einheiten versorgt werden. Schade,  dass dies in naher Zukunft in Herrenberg nicht möglich sein soll.