"Arbeit und trotzdem Sozialamt ist ein Unding"

Veröffentlicht am 04.05.2008 in Presseecho

Gäuboteartikel vom 28.04.2008 zur Verananstaltung der Herrenberger SPD zum Thema Mindestlohn mit Hilde Mattheis

"Arbeit und trotzdem Sozialamt ist ein Unding"

Herrenberg - Arbeit in Würde, Existenzsicherung, Ankurbelung der Binnennachfrage: Diese Trias der Argumente führte die Bundestagsabgeordnete Milde Mattheis (SPD) bei ihrem Plädoyer für einen flächendeckenden Mindestlohn ins Feld. Am Freitagabend sprach die süddeutsche Expertin für Gesundheit und Verteilungsgerechtigkeit auf der Podiumsdiskussion "Zukunft der Arbeit" der SPD-Ortsgruppe Herrenberg zum 1. Mai im Klosterhof.

VON MICHAEL MANGOLD

Am Reizthema Mindestlohn scheiden sich die Geister in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: Gegner einer ehernen Lohnuntergrenze, die nie und nimmer unterschritten werden darf, erwarten in ihm ein schleichendes Gift für den Arbeitsmarkt. Unternehmen würden auf die gestiegenen Lohnkosten mit kompromisslosen Rationalisierungsmaßnahmen und Massenentlassungen reagieren. Fürsprecher eines Mindestlohns wiederum pochen auf den Grundsatz, dass der Lohn für eine Vollzeitarbeit auch für ein Auskommen reichen müsse, das den Menschen ein Leben in Würde ermögliche. Dies könne nur ein Mindestlohn garantieren.

In ihrem Vortrag "Mindestlohn warum er unverzichtbar ist" skizzierte die Bundestagsabgeordnete der SPD ihre persönliche Position und nahm zu den Argumenten der Gegenseite Stellung. Aus einer Trias aus drei zentralen Argumenten Arbeit in Würde, Existenzsicherung vor Armut und Ankurbelung der Binnenwirtschaft heraus baute Hilde Mattheis ihr Plädoyer für einen Mindestlohn auf.

"Arbeit und trotzdem Sozialamt ist ein Unding", kritisiert Mattheis. Nicht zuletzt im "starken" Baden-Württemberg müssten zahlreiche Menschen trotz einer Vollbeschäftigung einen Nebenjob annehmen um sich über Wasser halten zu können, so die Bundestagsabgeordnete. "Wir müssen die Arbeit, über die die Menschen mit ihre Würde definieren, in der Gesellschaft honorieren und so zur Geltung bringen, dass eine Vollbeschäftigung staatliche soziale Transferleistungen überflüssig macht."

Ein Mindestlohn in der Größenordnung von 7,50 Euro pro Stunde sei keineswegs eine aus der Luft gegriffene Forderung nach Luxus, sondern das "absolute Existenzminimum", argumentiert Mattheis. Grassierende Kinderarmut und die Perspektiven für Altersarmut in der Zukunft legten ein garantiertes angemessenes Einkommen nahe. Für die Wirtschaft sei mehr Geld in der Bevölkerung ebenfalls förderlich, ja gar notwendig, findet Mattheis. "Unser Aufschwung steht auf tönernen Füßen, wenn er nicht aus der Binnenwirtschaft herauskommt." Entsprechend werde ein Mindestlohn mit als Motor dienen, um die wirtschaftliche Nachfrage im Land anzukurbeln, erwartet sie zuversichtlich.

Auf zwei populäre Argumente der Gegenseite ging die Bundestagsabgeordnete ein: Die Befürchtung, dass ein Mindestlohn zu Massenentlassungen und höherer Arbeitslosigkeit führe, hält sie mit einem Verweis auf die internationale Umwelt für haltlos. "Von 27 EU-Ländern haben 20 einen Mindestlohn. Und nur wenige von ihnen stehen schlechter das als wir."

Befürworter des Niedriglohnsektors führen das Argument ins Feld, dieser Sektor biete einen ersten Schritt in der Tür, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, was von den Herrenberger Genossen im Klosterhof nur mit einem spöttischen Lachen und von Hilde Mattheis mit bissiger Kritik kommentiert wurde: "Das Sprungbrett das immer verheißen wird, ist keines. An diesem Brett Niedriglohn kleben die Menschen fest zementiert", meint sie.

Das Ringen um einen Mindestlohn sieht Hilde Mattheis keinesfalls als einzigen Punkt auf der langen Liste der Agenda für eine "gerechte" Politik. Daher ist es ihr zu billig, das Anwachsen des Niedriglohnsektors allein auf den Zusammenhang zwischen Bildungsgrad und Berufschancen zurückzuführen. "Alles hängt zusammen", zitiert sie ihren Parteifreund Franz Müntefering. Neben Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik, Armutsprävention und Renten- sowie Gesundheitspolitik sei der Mindestlohn zwar ein entscheidendes Zahnrad, aber bei weitem nicht das einzige für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit.

Gestärkt sieht Hilde Mattheis sich und den Kurs ihrer Partei durch die Unterstützung der Bevölkerung. "Über 80 Prozent der Bundesbürger stimmen mit der Aussage überein, die Leute sollten von ihrem Einkommen gut leben können", erklärt Mattheis. Dieser grundsätzlichen Aussage stimmt auch Herrenbergs Oberbürgermeister Thomas Sprißler zu, auch wenn er sich zum Thema Mindestlohn nicht konkret äußern möchte. In Anlehnung an das Thema der Veranstaltung ist er sich jedoch sicher: "Arbeit hat Zukunft. Das muss weiter auch in Herrenberg gelten."

Auf Bundesebene fordert Hilde Mattheis noch vor der Sommerpause Fortschritte. Zwar hätten bisher nur acht Branchen die Forderung nach einem Mindestlohn ausgesprochen, "aber die Union tut mit ihrer Forderung nach einem Stopp der Debatte nun so, als wenn es diese 1,8 Millionen betroffenen Menschen nicht wert wären, dafür zu kämpfen", kritisiert sie. "Die SPD darf jetzt in dieser Frage nicht wanken", drängt Mattheis ihre Parteigenossen und fordert von dem Koalitionspartner auf Bundesebene die Einhaltung des Koalitionsvertrages ein.

Angesichts der kommenden Wahlkämpfe appelliert sie an ihre Partei, die eigene Glaubwürdigkeit zu stärken und "ursozialdemokratische Werte" zu vermitteln. Der Mindestlohn spiele dabei eine zentrale Rolle: "Lasst uns die Herzen der Menschen mit dem Thema erobern."

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