Karin Roth und Birgit Kipfer zum Thema "Zukunft der Arbeit"

Veröffentlicht am 02.04.2005 in Presseecho

Artikel des Gäuboten vom 02.04.2005
Kein Wettlauf um die niedrigsten Löhne

Herrenberg. Die SPD, so ist es weithin zu hören, hat die Kapitalismuskritik wiederentdeckt. Eine Stimmung, die auf allen Parteiebenen anzutreffen ist, gleichwohl einen ernsten Hintergrund hat. So auch am Freitagabend im Herrenberger Klosterhof, wo die örtlichen Sozialdemokraten zusammen mit landes- und bundespolitischer Prominenz wie jedes Jahr zum Maifeiertag über die "Zukunft der Arbeit" nachdachten. Besonders in der Kritik: Amerikanische Beteiligungsgesellschaften und Pensionfonds auf "Beutefang" im deutschen Mittelstand.
"Das Thema ist sehr emotional besetzt", traf Renate Bauer-Riegger, Vorsitzende des Herrenberger Ortsvereins, den Nagel auf den Kopf. "Arbeitslosigkeit als Herausforderung an die Politik" hatten die Sozialdemokraten dieses Mal ihre Zukunftsveranstaltung betitelt, die aber einen sehr weiten Bogen schlug. Oberbürgermeister Volker Gantner legte in einem Grußwort seine Sicht der Dinge nahe. "Die Zahlen machen ja stumpf", bemerkte der Rathauschef zu den gängigen Statistiken zur Arbeitslosigkeit, "aber wenn Sie eine Person vor Augen bekommen, dann merken Sie, das ist ein Schicksal". Solche Arbeitslosenschicksale sollen nach dem Willen der Sozialdemokraten stärker angegangen werden.

Die Rohrauer Landtagsabgeordnete Birgit Kipfer sprach vor rund 25 Teilnehmern für die Landespolitik: "Auch auf der Landesebene kann viel geschehen." Ihre Überzeugung sei, dass "eine gute Wirtschaftspolitik eine Mischung aus verschiedenen Politikbereichen ist". In Baden-Württemberg bedeute das, das Augenmerk auf die mittelständischen Unternehmen zu richten. Denn dort, verwies Kipfer auf die Wachstumszahlen, entstünden die Arbeitsplätze und noch mehr. "80 Prozent der Ausbildungsplätze werden vom Mittelstand bereitgestellt". Aber was forderten diese Unternehmen selbst? Günstige Kredite zum einen, erklärte die Landtagsabgeordnete, dazu Institute, die unternehmensnah forschten. Zum anderen "mehr Ausbildung in überbetrieblichen Zentren" und vor allem "eine bessere Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger".

Betreuung ausbauen

Kein gutes Wort hatte Kipfer dabei für die ehemalige und jetzige Landesregierung. Das "gleiche Gericht mit etwas anderer Geschmacksrichtung" urteilte die Parlamentarierin über Günther Oettingers erste Regierungserklärung. Besser seien die Ziele der Sozialdemokraten, nämlich "die Ausbildungsfähigkeit von Grund auf verbessern". Die frühkindliche Betreuung ausbauen wolle ihre Partei, Sprachförderung im Kindergarten von Anfang an. Der Beruf der Erzieherinnen müsse außerdem "gesellschaftlich aufgewertet und besser bezahlt werden", so Birgit Kipfer, die Schüler mindestens bis zur sechsten Klasse zusammenbleiben.

Zu den Reformen auf dem Arbeitsmarkt und in den sozialen Sicherungssystemen bekannte sich Kipfers Parteifreundin Karin Roth, im Bundestag unter anderem im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit tätig. Mit einer Reaktion sei sie allerdings gar nicht einverstanden: Die Wirtschaft stelle immer neue Forderungen, die weitreichenden Reformen der Regierung "reichen in diesem Land offenbar nicht aus". Weil ihre Partei aber den Anspruch habe, die Globalisierung gestalten zu wollen und vor allem zu können, gehe es ums "Umsteuern in den großen Linien". Einen "Wettbewerb der Innovationen", erklärte Roth, wollten die Sozialdemokraten, aber keinen Wettlauf um die niedrigsten Löhne und Steuern.

"Lautlose Übernahme"

Was der Innovation aber entgegenstehe, das erlebe sie in ihrem eigenen Wahlkreis. "Hat schon ein amerikanischer Pensionfonds bei Ihnen angeklopft?", sei immer ihre erste Frage in den mittelständischen Betrieben. Die Antwort laute meistens "Ja". Eine solche "lautlose Übernahme" habe immer zur Folge, dass "die Arbeitsstrukturen optimiert" würden. Im Klartext: Arbeitnehmer würden rausgeworfen, Forschung und Entwicklung und damit Innovation kämen zum Erliegen. Die sozialdemokratische Konsequenz: "Wir müssen darüber reden, wie Eigentum verpflichtet", erklärte Roth und blickte nach Europa: "Wir brauchen ein europäisches Sozialmodell", nämlich Mindeststandards bei Arbeitnehmerrechten und Sozialversicherungsrechten.

Öffentliche Diskussion erwünscht

Zustimmung erhielten die Politiker von Besuchern der Diskussion. Die Kapitalismuskritik halte er für richtig, erklärte ein Teilnehmer, er wolle aber nicht das System verdammen. Aber er wünsche eine öffentliche Diskussion über das Verhalten amerikanischer Gesellschaften. Die plünderten seiner Ansicht nach die Unternehmen regelrecht aus.

Die Bundespolitik nahm ein andere Teilnehmer kritisch ins Visier. Die so genannten Minijobs hätten nur zur Folge gehabt, dass die Arbeitgeber reguläre Arbeitsverhältnisse einfach auseinanderbrächen, und "die Gelder sind aus den Kassen verschwunden". Für den Mann war dies der sozialdemokratische Kern: "Es muss so sein, dass ein Mensch von seiner Arbeit leben kann."

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